In der deutschen Presse und in der Weltöffentlichkeit sind die Waldbrände in Brasilien sehr in den Fokus gerückt. Folgt man den Berichten, sei gerade der Bundesstaat Rondônia besonders von den Waldbränden betroffen – das ist der Bundesstaat, in dem wir zwei Missionsstationen haben.
Unsere Missionare vor Ort berichten, dass sie den Pressemitteilungen nicht ganz folgen können. Das Ausmaß der Brände sei wie jedes Jahr, vielleicht ein bisschen mehr. Vor vielen Jahren (gut zehn Jahre zurück) waren die Brände so schlimm, dass wegen der Rauchentwicklung der Flughafen in Porto Velho für mehrere Tage geschlossen werden musste. Man hatte den Eindruck, dass die Brände und die Rauchentwicklung in den letzten Jahren abgenommen haben. In diesen Jahren wurden von der Umweltschutzbehörde (IBAMA) massive Strafen verhängt. Jeder Grundstücksbesitzer kann für einen Brand auf seinem Land belangt werden; d.h. er muss für Brandschutz sorgen. Dieser Brandschutz ist eigentlich nur für Steppenland erforderlich, denn dicht stehender Urwald kann kaum brennen – selbst in trockenen Jahren nicht. Da muss schon nachgeholfen werden, indem die Bäume schon Monate zuvor gefällt werden.
Um sich wirklich ein Bild machen zu können, müssten zwei wichtige Fragen geklärt werden:
- Welche Flächen brennen wirklich?
Sind es abgeholzte, versteppte Weiden oder ist es bereits gefällter Urwald? Und - Laut BBC wurden in diesem Jahr von der Umweltschutzbehörde deutlich weniger Strafen verhängt als in den Vorjahren. Hat das wieder zu mehr Brandrodung animiert?
Viele regierungstreue Brasilianer sehen die Gründe für die starken Brände in einer Verschwörung, wie auch in den deutschen Medien etwas süffisant berichtet wurde. Eine 70-köpfige linksgerichtete Gruppe, der Polizei bereits namentlich bekannt, soll die Brände absichtlich gelegt haben.
Zum einen hätten sie das aus Rache getan. Sie beschuldigen nämlich die Regierung Bolsonaros, für die Einstellung von Fördergeldern aus Deutschland und Norwegen verantwortlich zu sein – Fördergelder, die deren Organisation finanziert hatte.
Zum anderen, weil sie der Regierung schaden, sie stürzen wollen.
Die Einmischung der Weltöffentlichkeit in die Waldbrände Brasiliens verletzt erneut die kaum vernarbte brasilianische Seele aus der Kolonialzeit. Geht es der Welt wirklich „nur“ um den Schutz der „grünen Lunge“? Eine heikle politische Situation!
Die Trockenzeit war für die Menschen in Rondônia schon immer eine Herausforderung: Der Rauch in der Luft, staubige Straßen, extreme Trockenheit und die Gefahr von Bränden, die nicht nur Missionsstationen, sondern auch viele Häuser bedrohen. Es gab in der Vergangenheit kritische Momente: Das Feuer umringte die Station, alle rückten aus, um zu löschen, stundenlang in wahnsinniger Hitze, die Nachbarn halfen beim Löschen, die herbeigerufene Feuerwehr blieb aus … Solche Brände hinterlassen bei den Betroffenen fürchterliche Erlebnisse.
So gut es geht, schützen wir die Missionsstationen, indem wir einen Sicherheitsring um die Station herum gut sauber halten. Wir sind sehr dankbar, dass bisher unsere Liegenschaften in Rondônia bewahrt blieben, gerade auch in diesem Jahr, in dem es anderenorts so schlimm ist.
Erfreulicherweise hören wir aus Rondônia, dass schon heftige Regenfälle eingesetzt haben, viel früher und heftiger als normal. Für die Brände auf jeden Fall ein erfreuliches Ereignis, für den Zustand der Straßen eher eine schlechte Nachricht.
Wie sehr unsere indigenen Geschwister von den Bränden betroffen sind, können wir derzeit nicht sagen. Da werden die Nachrichten erst nach und nach eintreffen.
Wir beten weiter für unsere Missionare, die indigenen Geschwister, unsere Stationen und alle betroffenen Menschen.
Wir beten, dass die politische Situation in Brasilien nicht eskaliert.
Wir beten auch darum, dass der Urwald aufhört zu brennen (Danke für den frühen Regen!!!) und dass Lösungen zum Schutz der Natur gefunden werden.
27. August 2019 von Markus Hiller